Die Zutaten eines besonderen Kunstwerks
Man nehme: ein aufgeschnittenes Bagel-Brötchen, fünf Scheiben Avocado, fünf Scheiben Tomaten, fünf Zwiebelringe, zehn Rucola-Blätter, zwölf Kilogramm Gold – und zwei schwäbische Lausbuben, die daraus ein außergewöhnliches und einzigartiges Kunstwerk komponieren.
Einer der zwei Lausbuben ist der weltweit renommierte Künstler Tim Bengel aus Esslingen. Auf der Art Week in Berlin hat er sein neues Kunstwerk präsentiert: einen aus 27 Einzelteilen bestehenden Avocado-Bagel aus purem Gold. Der Titel des Werks lautet: „Who wants to live forever?“
Ein vertrautes Team: Bengel und Kußmaul
Für die Konzeption und Umsetzung des Bagels vertraute Bengel den „Künsten“ seines Freundes Bernd Kußmaul – dem anderen Lausbuben. Denn der 29-Jährige kennt die Kussmaul GmbH in Großheppach im Remstal schon seit über zwei Jahren aus anderen Projekten.
Kußmaul übernahm beim Gold-Bagel die technische Beratung, außerdem wählte er die passenden Netzwerkpartner aus und überwachte alle Schritte des Produktionsprozesses.
Für den facettenreichen Glanz auf den zunächst matten Goldoberflächen sorgte die zehnköpfige Polierer-Mannschaft der Kussmaul GmbH. Sie zählt zu den besten der Welt und arbeitet für renommierte Automarken, wie zum Beispiel Bugatti oder Rolls-Royce.
Eine Idee beim Abendessen
Begonnen hatte das Projekt noch vor Corona. Bei einem gemeinsamen Abendessen brachte Bengel die Zutaten für einen echten und schmackhaften Avocado-Bagel mit, und dabei präsentierte er Kußmaul seine Idee. Aus der ersten Begeisterung entstand schnell die erste Konzeptstudie. Anschließend nahm alles seinen Lauf: Zunächst wurden verschiedene Bagel-Brötchen im Original getestet, danach folgten erste Scans, die für den 3D-Druck vorbereitet wurden.
Diese Drucke prüfte Bengel anschließend auf ihre ästhetische Wirkung. Daraufhin wurde ein erstes Wachsmodell erstellt, und die Vorbereitung zum Schmelzen und Neugießen des Goldes begann. Im sogenannten „Lost-form“-Verfahren wurden schließlich die ersten Teile gegossen, anschließend feingeschliffen und erstmals zusammengesetzt. Zum Abschluss erhielten alle Teile – vom knackigen Sesamkörnchen über das wässrige Fruchtfleisch der Tomate bis hin zur glatten Mulde, in der sonst der Avocado-Kern liegt – ihre ganz spezielle, manuelle Oberflächenbehandlung.
Ein Projekt voller Wertschätzung
Bernd Kußmaul: „Für mein Team und mich war es eine große Ehre, dass wir Tim Bengel in den vergangenen 20 Monaten bei seinem spektakulären Kunstwerk unterstützen durften. Wäre uns Corona nicht in die Quere gekommen, wären wir noch schneller fertig geworden. Wir kannten den hohen künstlerischen Anspruch, den Tim an sich und seine Kunst stellt. Zugleich kannte er unser Beratungs-Know-how, unsere Expertise bei der Behandlung hochwertiger Oberflächen sowie unsere Effizienz in der Umsetzung. Er wusste, dass er sich bei seiner Arbeit jederzeit auf unser Können verlassen konnte.“
Bengels künstlerischer Werdegang
In der Kunstwelt hatte sich Bengel zunächst mit Werken aus Sand und Gold einen Namen gemacht. Jetzt jedoch hat er sich erstmals einer Skulptur gewidmet. Doch warum gerade die Avocado? Für Bengel ist diese Frucht das Symbol seiner Millennials-Generation, denn sie steht für Gesundheit, Schönheit, Veganismus und den „grünen Lebensstil“. Darüber hinaus ist das weltweite Interesse an der Avocado eng mit der rasanten Verbreitung des Internets und der sozialen Medien verknüpft.
Zelebrierter Konsum und Doppelmoral
In diesen Kanälen wird der Avocado-Konsum regelrecht zelebriert. Allerdings wohnt diesem Trend auch eine Doppelmoral inne. Der enorme Wasserbedarf der Pflanze kann ganze Regionen austrocknen, und in den Anbaugebieten kommt es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen.
Hier erkennt der Künstler Parallelen zur griechischen Mythologie – insbesondere zur Geschichte des gierigen Königs Midas, der alles, was er berührte, zu Gold werden ließ und dadurch fast verhungerte. Aus Bengels Sicht zerstört der heutige Turbokapitalismus mit seiner ungezügelten Gewinnmaximierung immer schneller die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Grundlagen seiner eigenen Akteure.